Was ist eine Arbeitgebermarke und warum ist diese heutzutage so wichtig? Silke Kurtz, Geschäftsführerin von Iventa Branding & Culture, zeigt uns, welche Auswirkungen eine zu schwache Positionierung haben kann und wie man überhaupt herausfindet, dass es Handlungsbedarf gibt.
Wenn es um ein gutes Image und herausragende Reputation als Arbeitgeber geht, kommt Employer Branding und damit die Arbeitgebermarke ins Spiel. Diese soll durch gezielte, strategische Maßnahmen nach außen und innen die Wahrnehmung als attraktive*n Arbeitgeber*in herausstreichen und stärken. Aber ist das wirklich notwendig und was passiert, wenn keine passenden Maßnahmen in dieser Hinsicht gesetzt werden? Darüber haben wir mit Silke Kurtz, Geschäftsführerin von Iventa Branding & Culture, gesprochen, und erfahren, warum die Thematik vor allem von Führungskräften nicht unterschätzt werden sollte.
Was genau ist eine Arbeitgebermarke?
Silke Kurtz: Bei der Arbeitgebermarke ist es wie bei einer klassischen Produktmarke: Sie bietet ein klar unterscheidbares Bild von allen anderen Marken, Stichwort Wiedererkennungswert. Es geht darum, dass ich weiß, welche Werte ein Unternehmen verkörpert und wie die Unternehmenskultur danach ausgerichtet ist. Sie beschreibt aber auch ein Zukunftsbild. Somit kann ich mir als Arbeitnehmer*in oder als potenzielle*r Arbeitnehmer:in ein klares Bild vom Arbeitgeber machen und auch eine entsprechende Erwartungshaltung schaffen. Beim schwarzen Getränk in der roten Dose hat sofort jede:r das Prickeln im Kopf, den Geschmack – genau so ähnlich ist es bei einer guten Arbeitgebermarke. Man weiß sofort: Dafür steht man, das macht uns aus, das macht uns besonders.
Wie kann man die eigene Arbeitgebermarke stärken?
Hier geht man – so wie beim klassischen Branding – von einer Positionierung einer Marke aus. Man erarbeitet die einzigartigen Qualitäten als Arbeitgeber: Wofür steht die Organisation, wie ist ihre Identität zu beschreiben? Was treibt die Organisation und damit die Mitarbeiter*innen Richtung Zukunft? Was macht uns besonders? Wer arbeitet im Unternehmen und wie arbeitet man dort zusammen? Aus meiner Sicht ist es wichtig, kontinuierlich daran zu arbeiten, die Dinge, die man in der Positionierung herausgearbeitet hat, auch glaubhaft am Leben zu halten. Wenn man beispielweise sagt: Wir leben eine offene Unternehmenskultur, dann muss ich diese Räume auch bieten, in denen sich die Mitarbeiter*innen frei bewegen können.
Also kurz gesagt: Es soll nicht nur am Papier stehen, sondern man muss auch laufende Maßnahmen ergreifen, um die Dinge tatsächlich umzusetzen. Man könnte allerdings meinen: Die Außenwirkung („Marke“) hat ja keinen Einfluss darauf, was sich im Unternehmen intern abspielt. Ist das so?
Ich sehe es schon so: Es ist sehr wichtig, dass das, was nach außen kommuniziert wird, auch intern erlebbar ist. Die Gefahr ist, es kann bei Mitarbeitenden Frust entstehen, da sie die Außenwahrnehmung mit dem intern Erlebbaren nicht verknüpfen können. Und das führt schlussendlich dazu, dass die Mitarbeiter*innenmotivation und das Mitarbeiter*innenengagement sinken. Das heißt, es ist schon sehr wichtig, die gesamte Reise mit den Mitarbeitenden gemeinsam zu gestalten und zu erleben. Wir sehen die Arbeitgebermarke und die Gestaltung der Unternehmenskultur als Netz, das die gesamte Reise umspannen muss und auf jeden einzelnen Punkt auch einwirken muss. Wir empfehlen beispielsweise, Employer-Branding-Kampagnen intern vorzustellen. Oder noch besser: Man bindet Mitarbeiter*innen mit ein – das macht etwas mit ihnen. Nur so kann ich wirklich authentisch kommunizieren.
„In jeder Art von Zusammenarbeit entsteht Kultur.“
von Silke Kurtz, Geschäftsführerin von Iventa Branding & Culture
Aber woran merke ich überhaupt, dass die eigene Arbeitgebermarke noch nicht stark genug ist?
Es gibt natürliche Anzeichen wie steigende Fluktuation, steigende Mitarbeiter*innenunzufriedenheit oder eine mangelnde Weiterempfehlungsbereitschaft. Schaffe ich es schwer, Talente am Markt anzuziehen, habe ich schlechte Bewertungen auf Plattformen? Auch das sind Anzeichen für eine schlechte Arbeitgebermarke. Der Kern ist allerdings immer noch: zuhören. Zur Führungsarbeit gehört für mich auch Arbeit in der Führung einer Arbeitgebermarke. Und da hört man den Mitarbeiter*innen zu. Die Führungskräfte sind meiner Meinung nach intern die wichtigsten Treiber einer Arbeitgebermarke. Aber sie sind auch die, die die Warnsignale erkennen müssen, wenn es nicht gut läuft.
Können aber auch Arbeitnehmer*innen selbst die Arbeitgebermarke sowie auch die Kultur im Unternehmen verbessern oder ist das nur „Chefsache“?
Führungskräfte spielen natürlich eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Arbeitgebermarke mit der Unternehmenskultur im Einklang zu halten. Eine gute Arbeitgebermarke ist nicht nur irgendwo draußen auf der grünen Wiese geschrieben, sondern bottom-up und top-down im Unternehmen erarbeitet worden. Das heißt, die Mitarbeiter*innen müssen miteinbezogen werden. Aber auf der Führungsebene sind diejenigen, die die Visionen und die Richtung vorgeben, und die darauf schauen, dass das, was wir uns als Werte an die Fahnen heften, auch tatsächlich gelebt wird. Diese sollten auch schauen: Halten wir uns an unsere Werte? Zum Beispiel in Bezug auf Nachhaltigkeit: Schreiben wir die Nachhaltigkeitsberichte, weil es sein muss, oder sind wir wirklich nachhaltig? Man muss auch bereit sein, zu seinen Kernaufgaben Zeit und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit Mitarbeiter*innen eine, ihre Unternehmenskultur mitgestalten können, zum Beispiel schon in der Erarbeitung der Arbeitgeberpositionierung. In jeder Art der Zusammenarbeit entsteht Kultur. Und wer ist verantwortlich für die Art und Weise, wie man zusammenarbeitet? Das sind nun mal die Führungskräfte. Sie treffen ganz wichtige, strategische Entscheidungen und müssen es im Alltag dann auch aktiv schaffen, dieses Engagement der Mitarbeiter*innen hochzuhalten, damit sie Feedback geben.
Wie oft sollte man dieses Feedback einholen? Reicht halbjährlich ein Gespräch?
Also wenn die Führungskraft nur einmal im halben Jahr mit seinen Mitarbeiter*innen spricht, dann bin ich der Meinung, dass es hier ganz andere Probleme gibt. (lacht) Diese Frage würde ich per se allerdings nicht so beantworten. Zweimal im Jahr eine Umfrage zu machen und dann wieder nichts zu tun, finde ich ein bisschen schwierig. Sobald die Positionierung steht, gilt es daran zu arbeiten: Wie erkennen wir das? Worauf achten wir? Wie halten wir das am Leben? Dann muss man aber auch so ehrlich sein und es zugeben, wenn etwas mal nicht gelingt. Auch das muss man kommunizieren – in der Führungsebene, aber auch mit dem Team gemeinsam. Dann muss man zugeben: Das passt nicht mehr. Hier haben wir uns verändert oder was tun wir, dass wir dahin wieder zurückkommen? Zeiten verändern Menschen, Haltungen, Werte, Einstellungen. Wenn wir eine neue Wertehaltung, die sich in der Gesellschaft auftut, dann in die Unternehmenskultur mit einbeziehen wollen, was müssen wir hier dazu beitragen, dass das gelingt? Etwas zu erhalten ist natürlich immer leichter als etwas zu verändern.
Wenn ich bereits eine starke Arbeitgebermarke habe, muss ich dann überhaupt noch weitere Maßnahmen setzen?
Das ist genauso, wie wenn du einmal auf einen Marathon hintrainierst – viele Wochen und Monate – und dann schaffst du endlich diese Kilometeranzahl, die du dir vorgenommen hast. Du bist überglücklich und dann hörst du auf zu trainieren. Wirst du den Marathon nächstes Jahr wieder schaffen, ohne zu trainieren? Das geht sich nicht aus. Der Körper vergisst. Eine Zeit lang wird es noch möglich sein, lange Strecken zu laufen, aber irgendwann wird es nicht mehr gehen. Genauso ist es bei einer starken Arbeitgebermarke: Die Mitarbeiter*innen werden auch vergessen, was war, wenn nichts mehr für die Arbeitgebermarke getan wird. Es ist also eine kontinuierliche Arbeit.
Woher weiß ich, was meine Mitarbeiter*innen wirklich brauchen und wie ich sie langfristig halten kann?
Als Führungskraft muss ich wachsam sein. Ich empfehle Mitarbeitergespräche oder Entwicklungsgespräche. Ich mache lieber letzteres, weil diese zukunftsorientiert sind und ich so heraushöre, wo wir als Organisation hinmüssen, um gut zu bleiben, aber auch: Was kann dein Beitrag dazu sein und was brauchst du dazu? Wichtig ist, eine Feedbackkultur zu etablieren und aufrechtzuerhalten, die nicht nur top-down ist, sondern auch innerhalb von Teams funktioniert. Eine, wo auch untereinander Feedback-Schleifen laufen oder man einmal ein Fallbeispiel gibt: Ich habe da ein Problem nicht gelöst. Könnt ihr mir helfen? So bekommt man als Führungskraft laufend mit, was gebraucht wird. Natürlich sind regelmäßige, schriftliche Evaluierungen und Befragungen ein gutes Tool, um die allgemeinen Themen abzuholen. Aber wir wissen ja: Ein*e Mitarbeiter*in kündigt nicht beim Unternehmen, sondern bei der Führungskraft. Ich kann auf ein Plakat alles schreiben: Wenn die Führungskraft das nicht halten kann, dann wird die/der Mitarbeiter*in trotzdem kündigen.
Gibt es ein Vorzeigebeispiel für eine Top-Arbeitgebermarke und wie sie zu dieser geworden ist?
Was ich schon extrem stark finde, ist die Erste Bank, dort funktioniert der Markenslogan auch als Employer Branding Slogan – #glaubandich. Dieser Hashtag wird durchgehend verwendet und wenn man sich auf LinkedIn anschaut, wie viele Mitarbeiter*innen etwas dazu posten, ist das unglaublich gut etabliert. Das ist aber nur die sichtbare Ebene von außerhalb. Ich weiß beispielsweise auch, dass viel intern für die Mitarbeiter*innen auf unterschiedlichsten Ebenen getan wird.
Wenn jetzt jemand denkt: Ich sollte etwas unternehmen, um meine Arbeitgebermarke zu stärken – was ist der erste Schritt?
Eine Bestandsaufnahme bzw. eine Organisationsanalyse: Wo stehen wir als Unternehmen? Und dann kombiniert man es mit einer Mitarbeiterbefragung und Workshops mit Fokusgruppen, wo man auch die Tonspur mit reinbekommt. Dann kann man herausarbeiten, was die gemeinsame Identität ist: Was ist unser Anker, wofür stehen wir als Arbeitgeber, was differenziert uns von anderen? Und wo wollen wir hin? Das beschreibt dann auch, wie wir miteinander arbeiten. Darauf aufbauend kann man die unterschiedlichen Maßnahmen und Strategien herausarbeiten. Ganz wichtig ist in den Fokusgruppen, auch über den Tellerrand zu blicken: Was braucht man, wenn man mit den anderen zusammenarbeitet? Wie kann man das Arbeitsumfeld weiterentwickeln, die Prozesse besser gestalten? Wenn man sich wirklich einmal die Zeit für diese Bestandsaufnahme nimmt, ergibt sich ganz viel, was logisch ist.
In Kooperation mit KURIER.